OXID eSales präsentierte im Juni 2023 die neueste Version seines Shopsystems OXID eShop. Als langjähriger Wegbegleiter dieser Plattform war ich sehr daran interessiert zu sehen, welche Stellen optimiert wurden und welche …nicht.
Im nachfolgenden Beitrag werde ich die bedeutendsten Neuerungen dieser Software auflisten und kurz erörtern, weshalb ich sie als vorteilhaft oder weniger vorteilhaft erachte. Zudem werde ich versuchen, eine Empfehlung hinsichtlich eines Updates auszusprechen und darüber reflektieren, wer nun ernsthaft in Betracht ziehen sollte, auf eine andere E-Commerce-Plattform zu wechseln.
Template Engine – Übergang von Smarty zu Twig
Die Einführung von Twig als moderne Template-Sprache durch OXID in Version 7 ist von großer Bedeutung. Auch wenn eine Weiterverwendung der veralteten Template-Sprache Smarty möglich bleibt, wird diese nicht länger aktiv weiterentwickelt. Zudem wurde die Template Engine aus dem Shop-Kern ausgelagert und kann nun als Komponente an den Shop angehängt werden. Diese Anpassung ermöglicht sogar die Nutzung alternativer Template-Sprachen, eine Option, die allerdings nur für sehr wenige Usecases von Relevanz sein dürfte.
Meine Ansicht dazu ist eindeutig: Twig repräsentiert zweifellos die modernere Wahl im Bereich der Template-Sprachen. Sie wird von den Entwicklern des Symfony-Frameworks betreut und kontinuierlich weiterentwickelt. Sie dient nicht nur in Symfony als Standard, sondern hat sich auch in zahlreichen anderen Systemen etabliert. Trotz einiger Berichte, die auf bestimmte Szenarien hinweisen, in denen Twig langsamer als Smarty performen könnte, stellt dieser Schritt zweifellos eine richtige Entwicklung dar. Er wird sicherstellen, dass Entwickler, die neu in die OXID-Community zustoßen, sich schneller zurechtfinden.
Konfigurationsverwaltung – Umstellung auf YAML
Anwender der ersten Stunde wissen, wie unglaublich umständlich und undurchsichtig die Konfiguration mittels Datenbank war. Die zusätzliche Verschlüsselung der Konfigurationswerte, wenn auch aus Sicherheitsperspektive gerechtfertigt, erschwerte die Nachverfolgung der hinterlegten Konfigurationen und der zugrunde liegenden Verhaltensweisen des Shops erheblich. Für Betreiber und Entwickler ein absoluter Albtraum!
Die neueste Version verlagert die gesamte Konfiguration in YAML-Dateien. Dieses Format ist aus zahlreichen anderen Systemen bekannt, beispielsweise aus Symfony. Diese Neuerung ist uneingeschränkt zu begrüßen. In Verbindung mit Umgebungsdateien besteht nun die Möglichkeit, den Shop transparent für verschiedene Umgebungen wie Staging, Lokal und Produktiv zu konfigurieren. Ebenso werden die Konfigurationen der Module in den YAML-Dateien gespeichert, was für mehr Transparenz und Klarheit sorgt.
Technologie-Upgrade
Auch wenn das eine Selbstverständlichkeit sein müsste, verdient die Unterstützung von PHP 8, MySQL 8, Symfony 6 und Composer 2.4 durch die neue OXID-Version 7 Erwähnung. Zusätzlich wird das moderne Bildformat WebP integriert. Das neue Shop-Theme „apex“ basiert auf der aktuellen Bootstrap Version 5.
Neue Funktionen
Version 7 scheint primär eine Basis für zukünftige zu implementierende Funktionen zu sein. Sie zeichnet sich durch umfangreiche Aufräumarbeiten und der Beseitigung vieler Abhängigkeiten aus. Diverse Komponenten, die Sicherheitsprobleme verursachten – wie die interne Kreditkartenzahlung – oder schwer wartbar waren – wie das hauseigene OXID-Test-Framework –, wurden entfernt.
Es scheint, als würde hier der Grundstein für die Implementierung neuer Funktionen in kommenden Versionen gelegt.
Das einzige erwähnenswerte neue Feature ist die Versand-E-Mail mit Tracking-ID. Diese ID kann nun abhängig vom Versanddienstleister an eine Tracking-URL angehängt und an den Kunden verschickt werden. Ein Feature, das ich für die meisten meiner Kunden bisher eigenhändig implementieren musste 😁
Backend – Das große Sorgenkind
Das große Sorgenkind von OXID bleibt wohl weiterhin das Backend. In der neuen Version hat sich hier leider wenig verändert und es wirkt nach wie vor wie ein Überbleibsel aus den 1990er Jahren. Dieser Aspekt sollte meiner Ansicht nach dringend überarbeitet werden, da das Backend ein entscheidender Berührungspunkt ist, der darüber entscheidet, ob ein Kunde sich für oder gegen ein System entscheidet.
Durch die Verwendung von Frames (ja, es handelt sich tatsächlich um Frames, wie man sie aus den Anfängen des World Wide Web kennt 🫤) wirkt alles sehr starr und altbacken.
Nicht falsch verstehen: Die Arbeit im Backend erfolgt in der Regel schnell und effizient, doch Freude bereitet sie nicht unbedingt.
GraphQL – Übergang von REST
Ein Feature, an dem OXID bereits seit längerer Zeit arbeitet, ist die Umstellung der internen API auf GraphQL. Diese Entscheidung wurde bereits vor einigen Jahren getroffen. Nun scheint das Modul langsam einen Reifegrad erreicht zu haben, der es in Erwägung ziehen lässt, es produktiv einzusetzen.
Der Übergang von monolithischer Software hin zu einer modularen Softwarestruktur, die nach Belieben zusammengesetzt werden kann, ist äußerst begrüßenswert. Dennoch bedeutet der Wechsel auf GraphQL auch einen gewissen Aufwand. Entwickler müssen sich mit dieser Technologie vertraut machen (GraphQL ist längst nicht so verbreitet wie REST), und auch für Betreiber bedeutet die Umstellung eine gewisse Herausforderung.
Fazit
OXID liefert mit der neuen Version 7 ein solides Update, das zwar an Features spart, das dafür aber sehr klar die Marschrichtung vorgibt.
Mit der monatlichen Gebühr für die Community Edition, die schon 2022 eingeführt wurde, möchte man ganz klar signalisieren, dass Shop-Betreiber, die nicht bereit sind 111 € pro Monat für ihren Online-Shop auszugeben, gerne zu WooCommerce, Shopware oder Shopify wechseln dürfen. Zielgruppen von OXID eShop sind somit ganz eindeutig kleine und mittlere Unternehmen aus dem Mittelstand oder auch große Konzerne auf Enterprise Niveau.
Version 7 zielt daher darauf ab, die gesamte Software auf diese Aufgabe vorzubereiten. Dies wird durch die Auflösung von Abhängigkeiten der eingesetzten Softwarekomponenten, den Einsatz moderner Technologien wie Twig, PHP 8 und Composer sowie die Öffnung der Software in Richtung einer Headless-Architektur erreicht.
Meiner Auffassung nach sind dies Schritte in die richtige Richtung, die jedoch auch mit einem gewissen Aufwand einhergehen. Sowohl die Entwickler von OXID als auch die Betreiber der Shops müssen sich dieser Herausforderung stellen.
Wenn OXID jedoch weiterhin im Spitzenfeld mitspielen und eine attraktive Option für den Mittelstand bleiben möchte, müssen innovative Features nun rasch folgen.
Wer sollte upgraden, wer sollte wechseln? 4 Fragen für die 1 Antwort
Generell gilt: Es hängt immer von den individuellen Gegebenheiten ab. Welche Anbindungen gibt es? Welche Prozesse laufen im Hintergrund? Wie nutzen die verschiedenen Abteilungen des Unternehmens den Online-Shop?
Ich versuche das Ganze aber trotzdem anhand von 4 Fragen herunterzubrechen.
1. Bis Du bereit 111 € für die Community Edition auszugeben?
Wenn Du diese Frage mit Nein beantwortest, dann brauchst Du auch erst gar nicht weiterlesen. Die Investition für ein Upgrade solltest Du lieber in die Evaluierung anderer Optionen stecken. WooCommerce, Shopware oder auch Shopify könnten hier passende Alternativen sein.
2. Betreibst Du einen Standard OXID-Shop nur in grün?
Wenn Dein OXID-Shop sehr nah am Standard Shop ist und Du kaum Anpassungen am Theme und den Funktionen gemacht hast, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das Upgrade auf Version 7 ohne größere Hindernisse ablaufen kann. Das Ergebnis wäre ein moderner, sicherer Shop, der für die kommenden Jahre gerüstet ist, mit den neuesten Technologien und einem optimierten, mobilfreundlichen Theme.
3. Hast Du ein Custom Theme, aber der Rest ist Standard?
Wenn Du Deinen OXID-Shop mit einem Custom Theme betreibst, der Rest aber mehr oder weniger sehr nah am Standard ist, dann solltest Du über ein Design Relaunch nachdenken. Die Überführung aller Template Dateien von Smarty zu Twig kann bei einer großen Anzahl an solchen sehr aufwendig werden. Hier würde ich eher dazu raten, das Update als Chanche zu sehen, um Dein Shop-Design einmal aufzuhübschen. Dein neues Design könnte das neue Standard OXID-Theme als Grundlage nutzen, womit Du dann eine zukunftssichere Lösung hättest.
4. Ist Dein Shop komplett individualisiert?
Wenn Dein Shop von vorne bis hinten individualisiert ist, dann wird es etwas komplizierter.
Auch hier ist es grundsätzlich sinnvoll, über ein Design Relaunch nachzudenken.
Hinzu kommen jedoch Anpassungen an Integrationen und Modulen. Der Aufwand für diese Anpassungen hängt stark von ihrer Implementierung ab. Es könnte sein, dass nur geringfügige Anpassungen erforderlich sind, um die Technologien zu aktualisieren. Andererseits könnten auch umfangreiche Anpassungen notwendig sein, wenn beispielsweise von REST auf GraphQL umgestiegen werden soll.
Der Gesamtaufwand kann hier also beträchtlich sein, weswegen man hier auch die Option eines Relaunches berücksichtigen sollte, entweder mit OXID oder eben mit einer alternativen Lösung.
Diese vier Fragen bieten eine grobe Orientierung, um festzustellen, welche Option für Deinen Shop am sinnvollsten ist. Letztlich hängt die Entscheidung jedoch von den individuellen Gegebenheiten ab, und selbst kleine Details können den Unterschied zwischen den beiden Optionen ausmachen.
Mein Service: Schnellanalyse
Falls Du Dir nicht sicher bist, wie es mit Deinem OXID-Shop weitergehen soll, dann melde Dich gerne bei mir. Ich biete eine Schnellanalyse an, wo wir zusammen, Deinen Shop analysieren, um herauszufinden, welcher Weg für Dich der richtige ist.
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